
Nachdem ich meinen letzten Eintrag mit den Worten „morgen geht’s weiter, keine Ahnung, wohin...“ beendet habe, kann ich Euch tatsächlich keinen Ortsnamen nennen von dem Platz, zu dem wir am nächsten Tag, den 18.03.2008, hin gefahren sind; wohl aber die Koordinaten, die ich dank GPS weiß: auf 37°N, 2,23°W haben Martin und Kerstin vor einiger Zeit in der Sierra Alhamilla einen wunderschönen Platz ausfindig gemacht, an dem wir die nächsten 5 Tage verbracht haben.
Allerdings hatte ich dank einiger Gläser San Miguel, dem „heiligen Sankt Kopfschmerz“, die ich am Vorabend im Internetcafé in San Jose verputzt hatte, morgens ziemliche Startschwierigkeiten, und so hat es eine Weile gedauert, bis wir die Weiterfahrt angetreten haben. Außerdem habe ich vor unserer Abreise noch die nette Französin aufgesucht, die an der Promenade mit ihrem Mann und ihrem Sohn zusammen selbst gebastelten Schmuck verkauft. Wir möchten wirklich gerne lernen, selber solche Ketten herzustellen. Ihr Mann hat auch gleich angeboten, uns zu zeigen, wie er sie aus Schustergarn knüpft, aber wir hatten ja keine Zeit. Als Inspiration habe ich mir jedoch zumindest eine Kette gekauft, in die ein Stein eingearbeitet ist, den die beiden aus einem Flusstal in Chile gefischt haben. Wirklich sehr schön.
Nach etwa 2 Stunden schöner Fahrstrecke durch die Berge sind wir dann erst in der Dämmerung an unserem Ziel angekommen:


Am Rande einer Schotterpiste, umrahmt von grünen Terrassen, auf denen Mandel- und Olivenbäumchen wachsen, stand (und steht) ein verlassenes Haus mit einer riesigen Kiefer und einem randvoll gefüllten Wasserbassin daneben und einem Steinkreis dahinter, in den wir unsere Busse geparkt haben.


Selten habe ich mich an einem Ort so schnell so sehr zu Hause gefühlt. Die Aussicht auf die uns umgebenden Berge und Täler war toll, Sonne und Wolken malten ein Spiel aus Licht und Schatten auf die Berge, das Wasserbassin wurde von einem steten Rinnsal laufend aufgefüllt, und eine Feuertonne gab es auch.

Wir sammelten fleißig Holz und die Jungs hatten ihre helle Freude daran, das Feuer Tag und Nacht am Brennen zu erhalten. So konnten wir in der Tonne kochen und Gas sparen. Es ist nämlich nicht leicht, hier an Nachschub zu kommen: Gasflaschen werden an den Tankstellen nur gegen Vorlage eines Schriebs abgegeben, der seinerseits nur in einem bestimmten Büro gegen Vorlage eines Personalausweises mit eingetragenen Wohnsitz in Spanien plus Zahlung einer Gebühr von etwa 40€ erhältlich ist.
Am nächsten Morgen kamen einige Waldarbeiter in ihren Jeeps vorbei, um ihre Wasserkanister am Bassin zu füllen. Das ganze Gebiet scheint derzeit aufgeforstet zu werden und überall stehen junge Bäumchen. Die Junta haben wir nicht gesehen, dafür kam der Besitzer des Grundstücks, auf dem wir campiert haben, vorbei, der zum Glück nichts gegen uns und unsere Busse einzuwenden hatte.

Wir unternahmen einen Ausflug zu einer Nachbar-Ruine, in der wir einige Bienenkästen und Klamotten fanden. Wenn jemand Interesse an einem schönen braunen Cordmantel hat, bitte melden. Mir ist er leider ein bisschen zu klein.

Der Gründonnerstag war dann ziemlich grau und kalt. Wir wurden von Regentropfen auf unserem Busdach geweckt und den ganzen Tag hörte es nicht zu nieseln auf.


Wir haben tatsächlich Oles Schneeanzug wieder hervorgekramt, den wir zwei Wochen zuvor im Podest verstaut hatten. Der Steinkreis wurde zu einer Insel in den Wolken, die ich den ganzen Tag nicht verlassen habe. Statt dessen haben wir ein Feuerchen im Ofen gemacht und ich habe meiner heimlichen Liebe zum Stubenhockertum gefrönt, mich mit Carlos Ruíz Zafón mental ins Barcelona der 30er und 50er Jahre begeben und den ganzen Tag gelesen.

Gegen Abend klärte es auf, so dass wir den Vollmond in all seiner Pracht über den Bergen sehen konnten – allerdings hat der Wind mich bald wieder ins Innere unseres Busses vertrieben, wo ich auch die meiste Zeit des Karfrei- und -samstags (Achtung: Kalauer!) „Im Schatten des Windes“ verbracht habe. Unsere Mercedes wurden hin und her geschaukelt, die Gebetsfähnchen wehten wie wild und Martins Klangspiel übertönte das Rauschen und Pfeifen mit seinem Ding-Dong und Bim-Bam.


Auch am Ostersonntag war es so stürmisch, dass wir von unserem ursprünglichen Plan, bis zum nächsten Tag auf unserer „Insel“ zu bleiben, abgerückt sind und beschossen haben, weiter zu fahren. Kaum waren alle unsere 7 000 Sachen im Bus verstaut, ließ der Wind nach und so behalten wir dieses wunderschöne Plätzchen Erde ruhig und in strahlendem Sonnenschein in Erinnerung.

Vorbei am bereits erwähnten „Mini-Hollywood“ ging's weiter durch die Berge. „Martin und Kerstin haben wirklich die Gabe, tolle Orte aufzutun“, sagte ich gerade, als wir von der Schotterpiste, an der unser letzter Schlafplatz gelegen hatte und die auf keiner Karte verzeichnet ist, auf eine Asphaltstraße abbogen; da hielt der „Blaue Bär“ vor uns plötzlich an: die beiden hatten am Wegrand einen Haufen leckerer Tomaten entdeckt, die einige Zeit später, an unserem nächsten Etappenziel angelangt, prompt zu Nudelsoße verarbeitet wurden. Lecker.

In den östlichen Ausläufern der Sierra Nevada hatten Martin und Kerstin kurz vor unserer Ankunft in Andalusien einen Canyon entdeckt, an dessen Rand wir die nächsten zwei Tage und Nächte verbrachten. Überall glitzerten und glänzten weiße, violette, durchsichtige und anthrazitfarbene Steine, mit denen wir, inspiriert von den beiden Franzosen aus San Juan, unsere Hosentaschen füllten.

Wenn wir unsere zugelassenen 4 Tonnen Gesamtgewicht um etliche Kilos überschreiten, könnte das auch an unserer Sammelwut liegen. Leider haben wir aber noch keinen genauen Plan, wie wir diese Steine bearbeiten können. Ich versuchte darum, mich mehr auf Blümchen zu konzentrieren, die überall sprossen und blühten und die ich später, gepresst und getrocknet, in selbst geschöpftes Papier einarbeiten möchte – ein Vorsatz, den ich schon lange mit mir herum trage. Übrigens sammle ich aus diesem Grunde schöne Papiere, also: wenn Ihr zufällig Geschenkpapier-Reste (Seidenpapier u.ä.) bei Euch rumfliegen habt – immer her damit!
Jedenfalls fiel es angesichts dieser Bodenschätzchen fast schwer, den Blick zu heben – was jedoch nicht weniger spektakulär war. Irgendwann muss ein reißender und mächtiger Fluss dort entlang geflossen sein, der die Felsen abgetragen und ausgehöhlt hat. Später hat der Regen kleine Schlamm-Stalagtiten an den Wänden des Canyons entstehen lassen.


Es ist zwar mittlerweile ganz schön trocken dort, aber es gibt doch noch Wasser genug für Feigenbäume und viele Blumen, an denen sich zahlreiche Schmetterlinge und unzählige Bienen laben. Der Canyon ist erfüllt von einem steten Summen und jenseits der Staumauer war es uns zu heikel, weiterzugehen, da dort wilde Bienenvölker ihr Revier haben. Die ließen wir lieber in Ruhe an ihrem Imperium werkeln.


Auch hier pfiff der Wind, weshalb wir die Abende in Martins und Kerstins gemütlicher Stube verbrachten und – ganz die High-Tech-Camper – unsere bislang geschossenen Fotos und Videos ansahen und unsere bisherige Reise noch einmal Revue passieren ließen.
Am 25.03.2008 ging’s dann weiter westwärts, durch den Süden der Sierra Nevada, und wieder haben wir eine sehr gemächliche und schöne Fahrtstrecke hinter uns gelegt. Was ich in einem vorausgegangenen Blogeintrag über die Wasserknappheit geschrieben habe, scheint hier nicht ganz so schlimm zu sein; wir fuhren an üppigen Terrassen-Gärten voller Orangen- und Zitronenbäumen vorbei, und durchquerten nette kleine Dörfer, deren Bewohner uns fröhlich grüßten. Auch in Laujar de Andarax, wo wir nach Ende der Siesta (17:30h) ein paar Teile einkauften, winkten die Kinder unseren bunten Bussen hinterher – es macht wirklich großen Spaß, hier unterwegs zu sein.

Einige Kilometer nördlich von Laujar gibt es ein kleines Fleckchen in den Bergen, wo am Ende einer Schotterpiste unter Kiefern eine kleine Sofaecke aufgebaut ist.

Von dort aus hat man eine herrliche Aussicht auf die schneebedeckten Berge der Sierra Nevada

– aber auch hier stürmte es so sehr, dass unsere Busse nicht mehr nur sanft geschaukelt, sondern vielmehr arg geschüttelt wurden. Martin schlug darum am Nachmittag des 26.03., mit einem Blick auf die Wolken, vor, weiter ins Tal zu fahren und so brachen wir sämtliche Rekorde im Sachen zusammenpacken und dann Hals über Kopf auf – eine gute Entscheidung. Wenige Kilometer weiter südlich und etliche Meter näher am Meeresspiegel stellten wir uns auf einen Parkplatz, der von Felswänden umgeben und damit etwas windgeschützter ist. Kein wirklich schöner Ort zum Stehen, aber es ist ja nur für eine Nacht. Und angesichts der Tatsache, dass unsere Busse nun immer noch vom Wind geschüttelt werden, bin ich mehr als froh, nicht mehr oben auf dem Berg zu stehen.
Aufregend war's auf jeden Fall. Morgen werden wir dann sehen, ob uns unser weiterer Weg wieder in ruhigere Gefilde bringt...

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