

Der Lac de Setton sah im Morgenlicht viel freundlicher als des Nachts, dennoch haben wir unseren eigenen Rekord in Sachen Abfahrtszeit gebrochen und waren um 10h on the road. Zwar hatten wir vor unserer Reise geplant, Gebirge – so möglich – zu umfahren, aber nun hatte sich Richard den Park Natural Régional den Volcans d'Auvergne als Etappenziel ausgesucht. Am frühen Nachmittag haben wir eine kleine Rast in den Monts-Domes gemacht und wollten dann weiter südlich ein nettes Plätzchen zum Campieren suchen. Leider haben wir aber nur eine Karte im Maßstab 1:700 000 zur Hand, auf der die meisten Orte, durch die wir fahren, nicht eingetragen sind, und so fanden wir uns plötzlich auf der Straße nach Clermont-Ferrand wieder, eine größere Stadt, die wir eigentlich umfahren wollten. Kein Weg führte mehr daran vorbei – und auch erst mal nicht mehr daraus hinaus. Die Stadt stellte sich als ziemlicher Moloch heraus, der uns verschluckt und erst nach einer guten Stunde wieder ausgespuckt hat. Wir hangelten uns von Kreisverkehr zu Kreisverkehr, von „touts-directions-“ zu „autre-directions“-Schildern und wären fast auf der Autobahn nach Montpellier gelandet, ohne einen Plan zu haben, wie das genau mit der Maut funktioniert (brauchen wir Kleingeld und wenn ja, wieviel?). Endlich aus Clermont-Ferrand raus, kreuzten wir dann jene Straße, die wir nach unserer Rast hätten nehmen müssen, um die Stadt zu umfahren. Hmpf!


Wir fuhren weiter durch die Berge, auf deren Wipfeln noch Schnee liegt. Ich kann mir gut vorstellen, dass noch vor 10 Jahren um diese Jahreszeit auch die Täler schneebedeckt waren. Die globale Erderwärmung lässt grüßen. Die kleinen Dörfer scheinen jedenfalls auch für den Wintersport-Tourismus ausgelegt gewesen zu sein. Der bleiben nun aus und damit die meisten Cafés, Hotels und Restaurants geschlossen. Glück im Unglück für uns: läge hier Schnee, könnten wir ohne Winterreifen wohl kaum hier durch fahren – und selbst mit Holzofen und Schneeketten ausgestattet wäre uns das zu kalt und zu ungemütlich. Und überhaupt hat mir allein der Anblick von Schnee gereicht, um mich nach einer heißen Dusche zu sehnen. Ich habe mir daraufhin gewünscht, in dem Ort, den wir als Tagesziel ansteuerten, ein Schwimmbad mit Sauna – wenn nicht einen geöffneten Campingplatz – zu finden. Und tatsächlich gibt es in St.Nectaire, wo wir einen ganz passablen Parkplatz fanden, ein Thermalbad. Wir nahmen uns vor, den nächsten Tag mit Chillen, Planschen und Saunieren zu verbringen. Allerdings war Oliman den ganzen Tag über verdächtig still. Seine “Brrr“-Motorengeräusche, seine „Oah!s“ und „Daaaa!s“ angesichts entgegenkommender Laster und Trecker und „Hu!Ha!s“ angesichts aller Fahrzeuge, die ein Blinklicht auf dem Dach haben (abgeleitet von „Tatü!Tata!“, was er noch nicht aussprechen kann) wurden weniger enthusiastisch und blieben schließlich ganz aus. Und weil sein Köpfchen ziemlich heiß war, haben wir mal Fieber gemessen: 39,4°C. Wir haben allerhand Vermutungen aufgestellt, was die Ursache dafür sein könnte, aber was es auch gewesen sein mag (Reisefieber vermutlich): wichtig war, dass es ihm dabei nicht sonderlich schlecht ging und er am nächsten Morgen wieder ganz der alte Ole war, der erst mal seinen Kopf aus der Dachluke steckt um nach dem Wetter und unserem Standort zu schauen und „Boah!“ ruft, weil ein fetter Laster am Parkplatz vorbeifährt. Das mit dem Schwimmbad haben wir trotzdem sein gelassen. Haben statt dessen bei einem Bauern leckeren Käse gekauft und unsere Tour de France fortgesetzt. Besonders weit sind wir, um ehrlich zu sein, aber nicht gekommen. Das liegt zum einen daran, dass unser Weg gerne mal steil bergauf geht, was unsere Reisegeschwindigkeit sozusagen reziprok-proportional auf 30-60km/h herabsenkt. Und dank der Tatsachen, dass etliche Ortsnamen doppelt und dreifach vergeben zu sein scheinen (so liegen Villefranche-de-panet und Villefranche-de-Rouergue nur etwa 80km voneinander entfernt), unsere Straßenkarte eben nicht die detaillierteste ist und ich als Richards CoPilotin seit jeher an einer ausgeprägten OrientierungsLegasthenie leide, verfahren wir uns des Öfteren. Solange wir dadurch allerdings nicht in hässlichen Städten landen, finden wir das gar nicht so schlimm. Schließlich ist der Weg das Ziel. Überlegen wir uns halt eine andere Route, wir sind da recht flexibel. So auch gestern: einmal falsch abgebogen, schon kurvten wir kilometerweit auf schmalen Straßen durch den Wald (ohne genaue Peilung, wo wir waren und so die Straße enden würde), an kleinen Wildbächen und imposanten Felswänden entlang. Den Kletterern unter Euch hätten die Herzen sicherlich höher geschlagen. Wir hatten uns dort aber noch keinen Schlafplatz gesucht, weil wir nach wie vor vorhaben, eine kleinere Stadt oder ein größeres Dorf mit geöffnetem Campingplatz und InternetCafé aufzusuchen, um Fotos zu sortieren, hochzuladen und eben auch das, was ich zunächst in ein Ringbuch schreibe, abzutippen und ins Netz zu stellen. Wir haben also Aurillac angesteuert, was uns aber auch zu groß und zu hässlich erschien, als dass wir dort über Nacht hätten bleiben wollen (abgesehen davon, dass der Campingplatz im Ort natürlich geschlossen war). Es gibt dort zwar einen Parkplatz für WoMos im Stadtzentrum, aber für die Strom- und Wasserzapfsäule, die es dort gab, brauchte man spezielle Münzen, die in dem Café nebenan grade ausverkauft waren. Es widerstrebt uns ziemlich, dass wir jedesmal Wasser in 5l-Wasserkanistern im Intermarché kaufen müssen, wenn unser Vorrat knapp wird, weil wir auf diese Art und Weise natürlich viel mehr Müll produzieren, als uns lieb ist. Wir müssen uns da mal was anderes überlegen, nette Einheimische anquatschen oder so...
Nach unserem Abstecher nach Aurillon jedenfalls haben wir noch ziemlich lange nach einem Stellplatz gesucht, sind durch nette, mittelalterliche Dörfer gefahren und haben irgendwann auf dem Sportplatz in Calvinez schlapp gemacht. Der wird nämlich auch als Campingplatz angepriesen: für 0,60€/Nacht darf man hier sein Zelt hinterm völlig zugeschissenen Klohäuschen aufstellen. Natürlich war aber niemand da, der uns zur Kasse gebeten hätte. Abends – wir waren grade beim Zähneputzen – drehte die Gendarmerie in ihrem Streifenwagen eine Runde ums Fußballfeld, ließen uns aber in Ruhe, morgens wurde ich vom (aus Soller bereits vertrauten) Krähen eines Hahns geweckt und sah von unsere Dachluke aus ein Dutzend Hühner samt Gockel auf eben jenem Fußballfeld nach Regenwürmern picken.

Mittlerweile sind wir im Park Natural Régional Haut-Languedoc angelangt. Die Fahrt hierhin war atemberaubend schön. Ich bin so froh, auf diese gemütliche Art und Weise unterwegs zu sein. Würden wir Autobahn fahren, bekämen wir dieses wunderschöne Land doch gar nicht wirklich zu sehen. Es ist spannend zu sehen, wie sich die Landschaft und auch die Häuser verändern. Sahen die Dörfer zu Beginn unserer Reise zwar etwas angestaubt und typisch französisch-schmuddelig, aber insgesamt hell, freundlich und ein bisschen verspielt aus, die Berge mehr Hügel, sanft und easy-going, waren die Häuser in der Auvergne alte Natursteinbauten, einfach und schlicht, die Berge viel schroffer. Nun, im Languedoc, ahnen wir die Nähe zum Mittelmeer am teilweise schon mediterranen Baustil. Die Berge werden grüner, einige Bäume blühen bereits und Palmen in den Vorgärten haben wir auch schon gesehen.

Das Highlight des Tages war Salles en-Source, „une perle accrochée à la vallée“, ein nettes Dorf, eingerahmt von Felswänden mit Höhlen und Grotten, Rinnsälen und einem Wasserfall, dessen Wasser sich in einem kleinen Pool sammelt um von dort aus weiter ins Tal zu fließen. Ich wäre am liebsten gleich reingesprungen! Aber es ist immer noch zu kalt... Vielleicht kommen wir ja nochmal dorthin, im Sommer. Würde mich freuen.



Nachdem wir unsere Mittagspause spontan dort verbracht haben, haben wir uns noch ein bisschen verfahren, sind durch kleine Bergdörfer gebrettert, Berge rauf, Berge runter, in Wälder rein und wieder raus, Kurve links, Kurve rechts und immer so weiter – nichts für 'nen schwachen Magen! Hat aber Spaß gemacht... Noch bei Tageslicht haben wir den Lac de l'auzas im Park Natural Régional du Haut-Languedoc, hinter Canac und Murat, erreicht, draußen gekocht und gegessen (wie immer, wenn das Wetter es zulässt) und den Sternenhimmel betrachtet, der mal wieder echt sehenswert ist.
Morgen geht’s ans Meer! Bonne nuit!
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